Gebrauchtkauf Kawasaki ZZ-R 1100

-- WICHTIGES AN DIESER STELLE --

Stammtische: KawasakiS NRW 07.12. Willich

  • Gebrauchtkauf Kawasaki ZZ-R 1100

    Von: Michael Allner, 1996

    Kraft aus Druck
    "So ein Dreck", brummte Erwin Pasulke bei Tempo 270 in seinen Helm, "jetzt hat bald jeder dieses leistungssteigernde Ram-Air-System."

    Es wirkt, zumindest bei Kawasaki. Das Ram-Air-System, anfangs vielfach noch skeptisch als Werbegag betrachtet, bringt bei hýheren Geschwindigkeiten tatsýchlich zusýtzliche Pferdchen. Die Mehrleistung entsteht ýbrigens nicht allein durch den Staudruck, sondern auch durch die gute Kýhlung der Ansaugluft - dýrfte bei der Konkurrenz aber auf jeden Fall fýr so manchen Kraftausdruck gesorgt haben.

    Ausschlaggebend fýr den Erfolg der ZZ-R 1100 (seit 1990 ýber 8200 verkaufte Exemplare) kýnnte die bequeme und nahezu universelle Sitzposition sein - Menschen mit einer Grýýe zwischen 1,70 bis zwei Meter fýhlen sich auf der dicken Kawasaki einfach wohl. Oder ist es ihr geringer Verbrauch, der sich bei Dauertempo 120 km/h auf 4,5 Liter einpendelt und so Reichweiten von ýber 500 Kilometern erlaubt? Sindýs die guten Bremsen? Oder liegtýs vielleicht an der komfortablen Fahrwerksabstimmung?

    Alles daneben. Was bei der ZZ-R 1100 zýhlt, ist die brachiale Leistung: 147 PS am Hinterrad in der offenen Version - die braucht zwar kein Mensch, werden aber gern genommen. So laufen die wenigsten ZZ-R 1100 in Deutschland mit 100 oder 98 PS. Schýtzungsweise 80, vielleicht sogar 90 Prozent der Besitzer dieses potenten Tourensportlers haben die pferdemordenden, hýýlichen kleinen Bohrungen in den Gasschiebern verschlossen und freuen sich nun daran, daý sie die Kawasaki in 3,0 statt in 4,4 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und 273 statt 226 km/h schnell unterwegs sein kýnn(t)en.

    Besonders erfreulich, daý der Motor nicht nur ein krýftiges, sondern auch ein durchaus haltbares Triebwerk ist: Selbst PS - Das Sport-Motorrad-Magazin bekam die ZZ-R 1100 nicht klein. Zylinder, Kolben, Getriebe und sogar die Kupplung zeigten sich nach 50 000 Dauertest-Kilometern noch im Bestzustand, nur die Nockenwellen und Schlepphebel zeigten leichte, aber unbedenkliche Verschleiýspuren. Doch halt, ganz so problemlos ist auch die ZZ-R 1100 nicht. Zunýchst zu den ýrgerlichkeiten des Alltags. Bei der ersten Modellreihe von 1990 bis 1992 (Typenkýrzel ZXT10C) verzichteten die Ingenieure, warum auch immer, auf die Montage eines Reservehahns und setzten dafýr auf zwei hektische Reserveleuchten. Zwei Stýck, weil eine Lampe ja mal durchbrennen kann, und hektisch, weil diese grell strahlenden Warninstrumente bereits Alarm schlugen, wenn sich noch reichlich fýnf Liter Sprit im Tank befanden.
    Genervte Low-cost-Fahrer kleben die Warnleuchten einfach mit Isolierband ab, High-Tech-Fans bauen sich die 149 Mark teure Elektronik-Lýsung von Kawasaki-Hýndler Reinhard Scheuerlein (Telefon 09 81/1 75 54) ein: Durch Druck auf einen Taster quittiert der Fahrer die Warnung - die Lampen erinnern erst wieder nach einer angemessenen Zeit oder einer Zýndungsunterbrechung an den geringen Pegel im Tank.

    Seit dem 1993er Modell (Typkýrzel ZXT10D) besannen sich die Konstrukteure wieder der alten Werte und implantierten der ZZ-R 1100 eine Benzinuhr samt -hahn. Und nicht nur das. Ein neuer Rahmen, ein 180er Reifen hinten und ein grýýeres Schalldýmpfervolumen sprangen bei der Modellpflege ebenfalls heraus.

    Aber auch von technischen Macken blieb die ZZ-R 1100 nicht verschont. Bei den Modellen des ersten Baujahrs sprang hýufig der zweite Gang heraus, Kawasaki schaffte in der Serie mit hinterschliffenen Schaltklauen Abhilfe.

    Anfang 1992 wurde es richtig unangenehm: Es stellte sich heraus, daý die Leitung der Hinterradbremse an der Scheibe schleifen konnte - die Fahrgestellnummern ZXT10C-016758 bis -020632 und ZXT10C-600210 bis -601950 wurden zum Austausch einer Halteklammer in die Werkstýtten zurýckgerufen. Anfang 1994 waren dann die 1100er mit den Fahrgestellnummern ZXT10C-000001 bis -030771 und ZXT10C-600001 bis -604801 an der Reihe: Hier tauschte Kawasaki die Sicherungsscheibe der Ritzelmutter aus. Unabhýngig von der Ausfýhrung: Sicherungsbleche von Ritzelmuttern mýssen an zwei Schlýsselflýchen der Mutter scharf umgebogen werden - dann halten sie auch.

    Selten, wirklich nur ganz selten leidet die ZZ-R 1100 unter nahezu unvorhersehbaren Kurbelwellenlagerschýden - ein Schaden, der angeblich durch den zweiteilig konstruierten ýlkreislauf in Kombination mit einem zu niedrigen ýlstand und besonders scharfer Fahrweise provoziert wird. Dem unsymmetrischen ýlkreislauf - die rechte Seite hat mehr Lagerstellen zu versorgen als die linke - soll die ýBypassý-ýlwanne von Mr. Turbo zuleibe rýcken (Vertrieb ýber Egli-Racing-Hamburg, Telefon 0 40/2 50 51 95, 698 Mark im Tausch zuzýglich zirka 180 Mark fýr die Montage), fýr den korrekten ýlstand und die Fahrweise ist der Fahrer selbst verantwortlich.

    Wofýr der Fahrer ýberhaupt nichts kann, sind die schnell nachlassenden Ruckdýmpferelemente im Hinterrad - nach rund 25 000 Kilometern ist deren dýmpfende Wirkung meist am Ende. Statt des teuren Tauschs gegen Neuteile kýnnen die alten Dýmpfer auch mit dýnnen Hartgummistreifen provisorisch wieder auf Vordermann gebracht werden.

    Ebenfalls nach 25 000 Kilometern giert der Kettenkit nach Austausch, nach weiteren 5000 Kilometern ist in der Regel mindestens ein Gabeldichtring hinýber. Wer fýr solche Reparatur-Arbeiten ein Handbuch benýtigt, hat nicht viel Auswahl: Das Buch aus dem Bucheli-Verlag (Nummer 5166, 42 Mark) kann mit seinen vielen unýbersichtlichen Zeichnungen nicht ýberzeugen, und die originale ZZ-R-Reparaturanleitung von Kawasaki ist nur eine Ergýnzung, aufbauend auf dem Vorgýngermodell ZX-10 - allein also kaum zu gebrauchen und in der Kombination erfahrungsgemýý schwer erhýltlich und teuer.

    Das kann man von gebrauchten ZZ-R 1100 nicht behaupten: Das Angebot ist recht groý, die Gebrauchtpreise liegen in vernýnftigem Rahmen. Fýr 1990er Modelle beginnt der Spaý bei rund 8000 Mark, mit etwas Glýck erhascht man sogar ein 1992er Modell noch fýr rund 8500 Mark. Dann wirdýs allerdings deutlich teurer: Die modellgepflegte 1993er Ausfýhrung (leicht erkennbar an den beiden Ram-Air-Einlýssen) kostet meist schon um die 12 000 Mark, ein 1994er Modell um die 14 000 und der 1995er Jahrgang um die 15 500 Mark. Da kann sich Erwin Pasulke letztlich doch freuen. Leistungsmýýig hat die Konkurrenz zwar aufgeholt, Beispiel Honda CBR 1100 XX, aber die ist eben zur Zeit noch ein kleines biýchen teurer.

    LESERERFAHRUNGEN
    Es war kaum anders zu erwarten: 80 Prozent der Leser, die MOTORRAD geschrieben haben, fahren die ZZ-R 1100 mit offener Leistung. Alle erfreuen sich am immensen Schub, die Technik arbeitet im allgemeinen problemlos.

    100-Mark-Tip
    Meine ZZ-R 1100 habe ich 1990 neu gekauft, seitdem habe ich mit ihr 33000 erfreuliche Kilometer zurýckgelegt. Das etwas lýstige Spiel der Schwinge, die sich bei mancher ZZ-R fýnf bis zehn Millimeter (gemessen am Hinterrad) auf und ab bewegen lýýt, liegt an einer nicht passenden Klemmung der Lagerachse des Umlenkhebels am Rahmen. Die am Rahmen angeschweiýten Alu-Laschen, zwischen die die Achse geklemmt wird, weisen einen zu groýen Abstand auf (ýber ein Millimeter Toleranz). Abhilfe: Hebelei ausbauen, mit Fýhlerlehre den Freiraum messen, Toleranz durch Beilegen von Stahlscheiben nach DIN 988 (12x18, 0,5 mm dick) ausgleichen und mit vorgeschriebenem Drehmoment anziehen. Wer Scheiben haben mýchte, kann diese kostenlos von mir gegen Einsendung eines frankierten Rýckumschlags bekommen. Zum Geduldsspiel kann das Anlassen ausarten, wenn das Motorrad einige Wochen gestanden hat. Da die Benzinpumpe nur bei laufendem Motor arbeitet, lassen sich die Schwimmerkammern nicht manuell fluten. Die Pumpe lýýt sich aber anschalten, indem man den Pluspol der Batterie mit dem schwarz/blauen Kabel des Relais, welches an der Werkzeugschale befestigt ist, verbindet.
    Karlheinz Segebrecht, Brýggen

    Ich fahre meine scheckheftgepflegte 1993er ZZ-R 1100 jetzt rund 18 000 Kilometer. Im Juli diesen Jahres riý auf der Autobahn bei Tempo 200 das Pleuel von der Kurbelwelle ab und durchschlug den Motorblock. Die Werkstatt kalkulierte den Reparaturpreis: 11 500 Mark ohne Lohnkosten. Auf meine Anfrage bei Kawasaki Deutschland wurde mir mitgeteilt, daý ich mit maximal 50 Prozent Kulanz auf den Materialanteil rechnen kann, da die Garantiezeit abgelaufen ist. So rufe ich Kawasaki ein letztes ýLet the good times rollý zu.
    Renato Czock, Erfurt

    Nachdem ein Autofahrer 1991 meine GPZ 600 R in die ewigen Jagdgrýnde geschickt hatte, kaufte ich meine ZZ-R 1100. Nach einer Saison mit 15 000 Kilometern und ýnurý 100 PS war ich die mitleidigen Blicke der ýrichtigený ZZ-R-Fahrer leid und lieý meine Kawasaki entdrosseln. Fazit: Warum habe ich das nicht gleich gemacht? 150 PS braucht niemand - aber es ist so geil. Bis zum Herbst 1994 standen dann 56 000 Kilometer auf dem Tacho, dann bat das Getriebe (zweiter und fýnfter Gang) um eine ýberholung. Dieses Jahr, bei Kilometerstand 73 000, spielten die Einlaýventile nicht mehr mit und wurden getauscht.
    Gýnther Hoen, Ditzingen

    Ich kaufte meine zweite ZZ-R 1100 gebraucht mit 3000 Kilometern. Jetzt steht der Kilomterzýhler auf 50 000 - Probleme gabýs bisher keine. Negativ sind die zu weiche Gabel (behoben mit White-Power-Federn) und die Stabilitýt bei Topspeed zu bewerten. Eine Wucht aber ist der Motor. Sehr sparsam (fýnf Liter auf der Landstraýe, sieben bis acht auf der Autobahn). Ab 3000/min steht ordentlich Dampf zur Verfýgung, ab 7000/min wird ein wahres Feuerwerk abgebrannt. Auch die Bremsen sind Spitze.
    Stephan Schenk, Ulm

    Den Fahrwerksschwýchen meiner ZZ-R, Modell 1993, rýckte ich durch Gabelfedern von White Power und mit einem lýngeren Federbein zu Leibe. Seither fýhrt sich die Kawasaki viel handlicher und hat mehr Schrýglagenfreiheit. Um dem Motorrad auch ýuýerlich mehr Sportlichkeit zu verleihen, wurde ein LSL-Heckteil angebaut, sowie eine Vier-in-eins-Anlage von Cobra, eine Deget-Schwinge und eine 6,25-Zoll-Felge montiert. Das Maý aller Dinge waren die Reifen ME Z1 von Metzeler - seither habe ich nicht mehr das Gefýhl, einen Eisenhaufen zu bewegen. Dank optimaler Pflege gibt es ýber meine Dampflok nichts zu meckern, und deshalb will ich mich auch nie von ihr trennen.
    Herbert Brodoel, Bad Teinach

    Stýrken und Schwýchen
    Stýrken
    Extrem durchzugskrýftiges, robustes Triebwerk
    Sehr groýe Reichweite
    Bequeme Sitzposition

    Schwýchen
    Zu frýh blinkende Reserveleuchten (bis 1992)
    Gabel zu weich, anfýllige Dichtringe
    Starke Lastwechselreaktionen

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!